Oberflächlichkeit ist nie nachhaltig. Das zeigt sich in vielen Bereichen – privat und geschäftlich. Wenn du dich jetzt fragst: „Ist eine ansprechende Optik denn nicht wichtig?“, dann lautet meine Antwort: „Doch, aber es braucht mehr!“ Im Geschäftsleben lässt sich das gut anhand von verschiedenen Ebenen, Zielen und Zahlen aufzeigen. Eine gute Frage hierbei ist: Welche Ziele kann ich erreichen, wenn ich mich im Bereich meiner Sichtbarkeit um mehr als nur die Oberfläche und um die Optik kümmere? Eine Übersicht der Wirkungsbereiche zeigen dir die folgenden „Ebenen der Sichtbarkeit“.
Ebene 1 – Optik und Gestaltung
Bei der Optik fängt alles an und hört alles auf. Wie ist das gemeint? Dein Kunde kommt zum ersten Mal über die „Ebene der Optik“ mit dir in Kontakt. Die Person sieht dein Inserat (ob digital oder gedruckt), deine Webseite, deinen Messestand, deine Verkaufsräumlichkeiten. Der erste Eindruck hierbei entsteht über die Optik – in wenigen Sekunden. Ob jemand auf den ersten Blick angesprochen ist oder nicht, zeigt sich oft auch unbewusst. Aber sei dir bewusst: Die Bereitschaft zum Kauf wird stark davon beeinflusst. Denn Kunden kaufen grösstenteils nach Bauchgefühl ein – insbesondere, wenn es sich bei deinen Angeboten um Konsumgüter handelt und wenn es sich bei den Kunden um Privatkunden handelt. Je mehr du in Richtung Firmenkunden, Dienstleistungen und teurere sowie erklärungsbedürftigere Produkte gehst, desto weniger Gewicht hat das Bauchgefühl des Kunden. Dann übernimmt mehr die Ratio. Solltest du als Unternehmen beziehungsweise Unternehmer oder Werbetreibender bei der Kommunikation deiner Firma und deiner Angebote primär auf Optik und Gestaltung achten? Nein! Solltest du mit der Optik beginnen, wenn du mit einem Angebot in die Sichtbarkeit gehen willst? Auf keinen Fall!
Richtig machst du es genau andersherum: Zuerst erfindest du ein gutes Angebot auf der Basis deiner Kompetenzen. Danach überlegst du dir, welche spannenden Informationen deine Kunden in Bezug auf dein Angebot interessieren, anschliessend formulierst du gute Argumente und Gründe, die dich von anderen Angeboten und Anbietern abheben. Und erst dann lässt du das alles ansprechend gestalten.
Fazit: Die erste Ebene der Sichtbarkeit ist die Optik. Durch eine ansprechende Gestaltung deines Angebotes und deiner Werbebotschaften erreichst du Aufmerksamkeit und ein gutes Bauchgefühl bei den Kunden – aber nicht mehr.
Ebene 2 – Deine Reputation
Nehmen wir an, dir ist ein optisch ansprechendes Angebot aufgefallen – und du interessierst dich dafür. Als du im Internet ein bisschen genauer hinsiehst, stolperst du über negative Bewertungen und schlechte Rezensionen. Das gleiche Bild zeigt sich auf verschiedenen Plattformen, wie Google, Facebook, und Tripadvisor. Und als du dann noch deine Bekannten und bisherigen Kunden auf das Angebot und den Anbieter ansprichst, raten dir diese vom Kauf ab. Was machst du nun? Kaufst du als Kunde dort? Wohl eher nicht. Was kannst du als Unternehmer auf der Ebene „Reputation“ der Sichtbarkeit tun? In erster Linie ergibt es Sinn, deine (Online-) Reputation im Auge zu behalten. Mit einem effektiven Reputationsmanagement behältst du mit einem überschaubaren Aufwand die Kanäle im Blick, auf denen relevante Informationen über dich auftauchen könnten. Und wenn etwas Negatives erscheint, reagierst du entsprechend.
Fazit: Auf der zweiten Ebene der Sichtbarkeit geht es um die Reputation. Deine Reputation hat einen grossen Einfluss darauf, ob sich aus dem Interesse eines potenziellen Kunden eine Anfrage entwickelt. Sowohl geschriebene als auch mündliche Referenzen lassen sich beeinflussen. Die aktiven Referenzen (bei denen deine Kunden dich aktiv empfehlen) kannst du mehr steuern als die passiven (bei denen deine Kunden von Dritten nach einer Empfehlung gefragt werden).
Ebene 3 – Positionierung und Alleinstellung
Ein potenzieller Kunde will etwas kaufen. Er findet aber neben dir noch eine Vielzahl anderer Anbieter, die – aus seiner Sicht – das gleiche anbieten. Welches Hilfsmittel wird er oder sie zur Hilfe ziehen, um die Angebote zu vergleichen? Richtig, den Preis. Was ist hier falsch gelaufen? Dein Unternehmen bewegt sich in der Austauschbarkeit. Wenn das der Fall ist, werden Preisdruck und Rabatte an der Tagesordnung sein. Im Extremfall holt sich der Kunde für sein Bedürfnis immer mindestens zwei Angebote ein. Die Steigerung davon sind (öffentliche) Ausschreibungen und Angebotsrunden, bei denen sich die Anbieter gegenseitig immer weiter mit Rabatten überbieten beziehungsweise mit den Preisen unterbieten.
Was ist die Alternative? Du machst Angebote, die es so nur bei dir gibt. Zudem gibst du den Kunden genügend Argumente, warum sie mit dir zusammenarbeiten sollen – und zwar schon vor und nicht erst während oder nach der ersten persönlichen Beratung. Noch besser: Du ziehst nur die Kunden an, die genau zu dir passen – und zu niemand anderem. Aber mehr dazu in der nächsten Ebene. Was bewirkt denn jetzt eine gute Positionierung? Du erleichterst dem Kunden die Entscheidung. Dadurch hast du eine bessere „Hitrate“, also eine bessere Offertabschlussquote – sie beschreibt das Verhältnis zwischen deinen gerechneten Angeboten und deinen tatsächlichen Aufträgen. Zudem verkaufst du zu höheren Preisen oder du rabattierst mindestens weniger.
Was kannst du konkret für deine Positionierung tun? Schärfe dein Profil, indem du genau definierst, was du am besten kannst und was genau du anders beziehungsweise besser kannst als alle anderen (in deiner Region). Das definiert nämlich ein Alleinstellungsmerkmal, das dich von der Masse abhebt. Erst dann definierst du, mit wem du zusammen arbeiten willst und mit wem nicht. Und dann kommunizierst du das alles nach aussen – schonungslos, geradlinig, ehrlich und transparent!
Fazit: Die dritte Ebene der Sichtbarkeit ist die Positionierung. Sie zeigt dem Kunden, dass du der Richtige für ihn bist – und das schon vor dem ersten Auftrag. Eine gute Positionierung hebt dich aus Kundensicht von allen Mitbewerbern ab. Sie bewirkt, dass deine Kunden bereit sind, mehr zu bezahlen, von weiter her zu dir zu kommen und länger auf dich zu warten. Zudem vertrauen dir deine Kunden mehr – und du musst dich weniger verkaufen.
Ebene 4 – Kontakte generieren
„Ich will viele Besucher auf meiner Webseite.“ „Ich will viele Teilnehmer an meinem Anlass.“ „Ich will meinen Bekanntheitsgrad aufbauen beziehungsweise erhöhen.“ „Ich will mein Image verbessern.“ Was haben diese vier Ziele gemeinsam? Sie sind Schrott! Genauer gesagt: Sie nützen dir im KMU (kleine und mittlere Unternehmen) nichts. Damit wir uns richtig verstehen: Mir ist lieber, dass du, in Bezug auf deine Werbemassnahmen, überhaupt mit Zielen arbeitest als ohne. Aber: Lass uns doch über Ziele reden, die dir etwas bringen: Das erste Ziel sollten „Leads“ sein – oder zu Deutsch: Kontakte. Davon kannst du dir zwar auch noch nichts kaufen, aber „Kontakt“ als Ziel zu haben, bringt dich immerhin ein Stückchen weiter als eines der vier vorher genannten Ziele. Denn es ist nicht relevant, wie viele Menschen deine Webseite besuchen oder auf deine Social-Media-Postings reagieren oder dein Event besuchen. Relevant ist, wie viele (neue) Kontakte du daraus generierst. Danach erst – davon sprechen wir aber in der nächsten Ebene – geht es darum, was du aus und mit diesen Kontakten machst. Zuerst einmal musst du aber Kontakte haben.
Was machst du also konkret? Deine Webseite, dein Social-Media-Auftritt, deine Events, deine Messeteilnahmen, deine Werbemassnahmen etc. müssen, wenn sie nicht direkt Interessenten oder Kunden bringen, mindestens Kontakte generieren. Diese überträgst du auf eine Liste oder, wenn du willst, in ein CRM (Customer Relationship Management) – also ein Programm zur Verwaltung deiner Kontakte. Denke hierbei an Folgendes: Auch deine Kontakte aus Social Media müssen (falls möglich) in die Datenbank. Aber Vorsicht: Hierbei gilt es, Datenschutzregeln einzuhalten.
Fazit: Bei der vierten Ebene der Sichtbarkeit geht es darum, legal Kontakte einzusammeln. Hier geht es weniger um die Menge als um die Qualität. Konkret sollen auf deiner Liste möglichst viele potenzielle Kunden stehen oder mindestens Menschen, die deine Nachrichten – beispielsweise in Form von Briefen oder E-Mails – lesen und in einem Business-Kontext zu dir stehen. Diese Kontakte bearbeitest du mehrmals pro Jahr, um sie bei der Stange zu halten und irgendwann einmal zu Kunden zu machen – oder wenigstens zu Multiplikatoren, also Menschen, die dich empfehlen.
Ebene 5 – Interessenten anziehen
Das Kernziel all deiner Massnahmen im Bereich der Sichtbarkeit muss lauten: Passende Anfragen von passenden Interessenten anzuziehen! Natürlich ist es noch besser, Kunden direkt zu gewinnen oder direkt an sie zu verkaufen. Bei erklärungsbedürftigen Angeboten, die zudem nicht ganz günstig sind, oder bei Dienstleistungen ist das allerdings eher schwierig.
Wie generierst du also Interessenten? Entweder direkt, also über neue Kontakte, oder aus deiner bestehenden Kontaktdatenbank. Wie geht das?
- Besucher direkt zu Interessenten zu machen, kannst du beispielsweise auf deiner Webseite. Konkret kannst du eine Online-Anfrage einbauen oder einen Kalkulator. Auch eine Möglichkeit ist ein „Bot“ – ein automatisiertes Frage- und Antwortspiel.
- Eine andere Möglichkeit wäre es, einen Anlass zu organisieren, an dem neue Besucher (und somit neue potenzielle Kunden) eine Anfrage in Form einer Karte ausfüllen können. Auch cool wäre es, wenn du eine Landingpage zum Thema des Anlasses erstellst, welche mit einem (mehrstufigen) Formular die reinen Besucher von den Interessenten trennt oder – auf Fachchinesisch – die „Leads qualifiziert“.
- Du hast aber auch die Möglichkeit, deine Kontakte so lange von deiner Kompetenz zu überzeugen, bis sie zu Interessenten werden. Hier kann die Zeit ein wichtiger Faktor sein. Bei mir kommt es beispielsweise oft vor, dass Menschen seit mehreren Jahren meinen Newsletter lesen – beispielsweise, weil ich sie einst unterrichtet habe oder sie einen meiner Vorträge besucht haben. Plötzlich kommen sie in die Situation, dass sie meine Hilfe brauchen könnten. Und schon wird ein Kontakt zu einem Interessenten.
Übrigens: Falls du dringend Mitarbeiter brauchst, kann es auch hilfreich sein, erst einmal „nur“ Interessensbekundungen von Bewerbern zu erhalten. Warum sollen sie dir nicht direkt ihre Bewerbungen zusenden? In Zeiten ausgetrockneter Personalmärkte ist es besser, unverbindliche Anfragen einzusammeln und diese Kontakte dann mit schlauen Massnahmen – und einem persönlichen Gespräch – von einer Bewerbung in deinem Unternehmen zu überzeugen.
Fazit: Die fünfte Ebene der Sichtbarkeit ist die Königsdisziplin. Hier geht es darum, bestehende Kontakte insofern mit deiner Energie von Kompetenz, Wissen und spannenden Infos „aufzuladen“, dass sie zu Interessenten werden. Oder – noch besser: Du gewinnst mit schlauen Werbemassnahmen direkt und mit möglichst wenig Aufwand Interessenten, die dich bisher noch gar nicht kannten. Interessenten können potenzielle Kunden oder neue Mitarbeiter sein. Eine schöne Möglichkeit hierzu sind Trichterkampagnen mit Werbung auf Social Media und Landingpages.
Ebene 6 – Kunden und Umsatz
Eine mögliche Definition von Marketing ist: „Kundenbedürfnisse finden, sie befriedigen und damit Geld verdienen“. Genau darum geht es in der Sichtbarkeit – aber erst auf einer tieferen, also fortgeschritteneren, Ebene. Warum? Wenn du deinen Job auf der höher en, also vorherigen, Ebenen richtig gemacht hast, ist die anschliessende Kundengewinnung mit der Ernte von tiefhängenden, reifen Äpfeln zu vergleichen. Das gleiche gilt übrigens auch für die Anstellung von neuen Mitarbeitern. Je genauer du Interessenten angezogen hast, desto höher ist die Umwandlungsquote ans Ziel. Aus diesem Grund erübrigt sich diese Ebene von selbst – beziehungsweise der Job deiner Sales (auch wenn du das selber bist).
Einen Praxistipp habe ich aber noch für dich: Leider erlebe ich es oft, dass „Fast-Kunden“, wenn sie zum ersten Mal in den persönlichen Austausch mit dem zuvor sorgfältig ausgesuchten Unternehmen kommen, enttäuscht sind. Wie kann das sein? Nehmen wir an, dass alle Ebenen der Sichtbarkeit einwandfrei funktionieren. Dann geht es darum, dem „Fast-Kunden“ ein konkretes Angebot zum Beispiel in Form einer Preiskalkulation oder einer Auftragsbestätigung zukommen zu lassen. Und plötzlich wird der „Fast-Kunde“ desillusioniert, wenn er eine E-Mail bekommt, die voller Fehler ist, mit einer schäbigen Signatur, einem handgestrickten Text und einer Word-Datei im Anhang, die sich niemand zu öffnen getraut. Das ist ein Bruch zu den vorangehenden Kontakten – und vor allem: Es macht keinen Spass! Was kannst du als Unternehmer dagegen tun? Nimm den Erstkontakt deiner Mitarbeiter, die sie per E-Mail oder Post verschicken, auf den Radar. Gib ihnen vor, wie der Kontakt genau auszusehen hat: in Bezug auf Kanal (E-Mail oder Post), Inhalt (Texte und Bilder), Optik (u. a. Signaturen und Briefköpfe) und Beilagen (Mailanhänge, Broschüren und so weiter).
Und noch etwas – das ist sozusagen die Verlängerung der Ebene 6 der Sichtbarkeit: Wenn du Neukunden gewonnen und erfolgreich mit ihnen zusammengearbeitet hast, geht es darum, Empfehlungen von ihnen zu erhalten. Konkret sollen sie dich ihrem Umfeld aktiv empfehlen. Auch hierzu gibt es schöne Massnahmen – beispielsweise „Tage der offenen Türen“ bei Kunden oder MgM-Programme („member get member“) oder Empfehlungsprogramme, auch „bring-a-friend“ genannt.
Fazit: Wenn deine Ebenen der Sichtbarkeit funktionieren, wie sie sollen, geht das Gewinnen von Kunden und Mitarbeitern (wenn es denn überhaupt welche gibt) fast von selbst. Und wenn du dann schon Menschen für dich begeistert hast, motiviere sie noch mehr, dich zu empfehlen.
Martin Aue