Sprache prägt Rollenbilder. Und damit unser Verhalten. Sind Sie Frau? Sind Sie Mann? Dann verstehen Sie diesen Text wohl unterschiedlich.
Ein Fachbeitrag von Cornelia Aschmann und Nic Baschung, verantwortlich bei frischtext.ch
Deutsch ist eine Männersprache. Gerechte Sprache macht die Frauen und non binäre Menschen ebenfalls sichtbar. Eine solche – auf die ganze Welt erweiterte Sprache – kann leicht daherkommen und allen Menschen Freude machen. Auch wenn Sie ein Mann sind.
Gender-Sternchen und -Doppelpunkt beflügeln aktuell die Diskussion um die sprachliche Gleichstellung von Mann* und Frau*. Sie liegt uns Text-Profis besonders am Herzen. Unser Puls schlägt für eine leicht verständliche, gerechte Sprache. Das heisst: Unser Text muss dem Lesepublikum schmecken, damit er wirkt. Mit einem *(Sternchen) hier und einem (Doppelpunkt) da ist es nicht getan. Im Gegenteil. Diese Zeichen betonen (so, wie sie aktuell verwendet werden) das Trennende zwischen den Geschlechtern, statt sie zu verbinden.
Texte, die alle Menschen ansprechen, sind ökonomischer, als solche, die bloss eine Hälfte der Bevölkerung mitmeint. Wir müssten unseren Aufwand verdoppeln, damit auch sie unsere Botschaft hört. Gendergerecht zu schreiben, lohnt sich darum. Auch wenn es den Autor!nnen zu Beginn möglicherweise etwas mehr Anstrengung abverlangt. Erwiesen ist: Gendersprache ist der Weg zu mehr Chefinnen und Mädchen in technischen Berufen – und denken Sie daran: Rund 80% aller Entscheidungen für Anschaffungen im Haushalt liegen in den Händen von Frauen.
Aufmerksamkeit vor Gendersprache
Wirkungsvoller Text gewinnt die Gunst der Leserinnen und Leser. Deshalb stellen wir uns vor dem Schreiben aufmerksam die nötigen Fragen: An wen richtet sich unsere Botschaft? Wer wird sie hauptsächlich lesen? Mit welchen sprachlichen Praktiken ist die Person oder die Ansprechgruppe vertraut? Welcher Art ist der Text? Handelt es sich um eine Kolumne, um eine Rede, um eine Reportage, ein Mailing? In welchem fachlichen, gesellschaftlichen oder politischen Umfeld ist der Text positioniert? Sorgfalt und Feingefühl kommen an: bei Frau, Mann und Queer. Schreiben und Sprechen bedeutet stets auch, gesellschaftliche Verhältnisse zu benennen und offen zu legen. Text, der die Frauen sichtbar macht, ist das Bedürfnis der halben Menschheit.
Wie nenne ich den Bauherrn, wenn er eine Frau ist?
Ist Bauherrin eine gute Alternative zum Bauherrn? Bei der Bauherrschaft wird es noch schwieriger, weil weder Bauherrinnenschaft noch Baufrauschaft die richtigen Vorstellungen auslösen. Selbst die «Bauverantwortlichen» sind nicht zwingend mit der Bauherrschaft identisch. Im Web findet sich als Möglichkeit für Bauherr: «den Bau in Auftrag gebende Person», was wohl ebenfalls nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. Aber wieso nicht: Bauauftraggeber/Bauauftraggeberin? Und schon sind wir bei den «hässlichen » Partizip-Präsens-Konstruktionen: Um die schwerfälligen Verdoppelungen, das Binnen-I und den Schrägstrich zu umgehen, erlauben wir uns die «Mitarbeitenden und die Auftraggebenden» einzusetzen. Sie sind verständlich und könnten sich durchsetzen, auch wenn sie nicht über alle grammatikalischen Zweifel erhaben sind. Der Zweck heiligt die Mittel.
Als Textende schöpfen wir aus vielfältigen Ansätzen und Lösungen, um mit geschlechtergerechter Sprache Emotionen zu wecken. Damit führen wir Interessierte elegant und sicher an die Erfüllung ihrer Bedürfnisse. Wer meint, es sei mit «Mitmeinen» getan, ahnt vielleicht nicht: Mitmeinen statt ansprechen, ist respektlos. Es diskriminiert die nicht Angesprochenen. Im Ringen um Aufträge, im Wettbewerb um Fachkräfte ist sorgfältige Ansprache alles.
Anregungen für gerechte Sprache
Wollen Sie selbst gendergerecht schreiben, dann überdenken Sie unbedingt Wortkreation wie «Gästin» oder «Mitgliederinnen». Diese lösten schon manchen unbeabsichtigten Lacher aus. Inspirieren Sie sich besser zum Beispiel unter:
www.geschicktgendern.de
www.duden.de/rund-um-die-sprache/
www.scribbr.de/category/richtig-gendern/
Unser Standpunkt zu gleichgestellter Sprache
Es ist wenig sinnvoll, geschlechtergerechte Formen auf Biegen und Brechen herstellen zu wollen. Um die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Sprache umzusetzen, genügt es, die Möglichkeiten der Sprache sorgfältig zu prüfen und kreativ zu nutzen.
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Cornelia Aschmann
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Dieser Artikel ist erschienen in der KMU-Zeitung «ERFOLG» (Heft Nr. 11/12 2021). Publiziert auf KMUrevue.ch mit freundlicher Genehmigung vom Schweizerischen KMU Verband.