Warum du das Wort „versuchen“ aus deinem Wortschatz streichen solltest

„Ich versuche, mein Bestes zu geben. Mehr kann ich nicht machen.“ Mit dieser Einstellung gehen viele Menschen durchs Leben, ganz besonders, wenn sie vor grösseren Herausforderungen stehen. Das Problem bei solch einer Aussage ist, dass man sich schon direkt auf das eigene Scheitern vorbereitet.

Es besteht ein grosser Unterschied darin, ob man sein Bestes versucht oder aber sein Bestes gibt. „Versuchen“ bedeutet nichts und führt zu nichts. Das lässt sich auf alle möglichen Lebensbereiche transportieren. Wer nur versucht, einen Kunden zu gewinnen, gewinnt ihn nicht. Wer versucht, einen Marathon zu laufen, läuft ihn nicht. Wer versucht, sein Bestes zu geben, wird es niemals tun. Das zu verstehen ist ein wichtiger Schritt. Wenn du die Aufgabe bekommst, zu versuchen, einen Stuhl hochzuheben, was machst du dann?

Du wirst den Stuhl hochheben. Nur war das nicht die Aufgabenstellung. Sie bestand darin, es lediglich zu versuchen, nicht es auch tatsächlich zu tun. Und genau das ist das Problem mit dem „versuchen“: Entweder man hebt den Stuhl hoch oder man hebt ihn nicht hoch. Dazwischen gibt es nichts.

Wer den Vorsatz hat, etwas zu versuchen, muss in Wirklichkeit nichts tun. Und sollte man etwas dann nicht schaffen, hat man gleich eine angenehme Entschuldigung nach dem Motto: „Ich habe es versucht, aber es hat nicht sollen sein.“ Man lässt sich ein Hintertürchen offen, dass das eventuelle Scheitern nicht so schlimm erscheinen lässt. Der Grad der Enttäuschung ist bei einem Versuch nicht so gross wie bei der Entschlossenheit, es unbedingt zu tun. Und eines steht fest: Wer etwas nur versucht, ist nicht entschlossen, es auch zu tun. Daher lohnt es sich, zunächst einen näheren Blick auf die eigene Entschlossenheit zu werfen.

Wie entschlossen bist du?

Was vielen Menschen fehlt, ist die Entschlossenheit, etwas zu tun. Es ist ein grosser Unterschied, ob wir etwas erreichen wollen oder wirklich entschlossen sind, etwas zu erreichen. Entschlossenheit bedeutet Bedingungslosigkeit. Angenommen, du sagst deinem Sohn oder deiner Tochter für Samstag einen Kirmesbesuch zu: Dein Kind wird sich riesig darauf freuen. Du bist selbstständig und am Freitagmittag ruft dich dein wichtigster Kunde an und bittet dich eindringlich um einen Termin am Samstag. Was machst du? Für viele wäre es deutlich schwieriger, dem Kunden ein „sorry, keine Zeit“ zu erwidern, als seinem Kind zu sagen, dass man an einem anderen Tag auf die Kirmes gehen müsse. Nur kannst du dich auch direkt am Montag mit deinem Kunden treffen. Wird er deswegen die Kundenbeziehung beenden? Wohl kaum. Diese Option werden die meisten allerdings nicht anbieten. Was fehlt, ist die Entschlossenheit, am Samstag wirklich mit seinem Kind die Kirmes zu besuchen. Wir wollen es, aber wir sind nicht entschlossen. Es ist letztlich auch eine Frage der Priorität und der Erwartung. Kein Kunde, so wichtig er auch ist, kann erwarten, dass er freitags anruft und man samstags Zeit für ihn hat.

„Wollen“ tun wir etwas sehr häufig. Was fehlt, ist die pure Entschlossenheit, es auch tatsächlich zu tun. Fehlende Entschlossenheit kann dabei zu grossen Problemen führen. Johannesburg zählt, gemessen an der Kriminalitätsrate, zu einer der gefährlichsten Städte der Welt. Angenommen, du reist mit deiner Familie dort hin: Um sie im Falle des Falles beschützen zu können, nimmst du eine Schusswaffe mit. Noch nie zuvor hast du eine Waffe benutzt, aber allein die Tatsache, dass du die Waffe bei dir trägst, gibt dir ein Gefühl der Sicherheit. Ausserdem willst du im Worst-Case deine Familie beschützen können. Aber bist du im Worst-Case auch entschlossen dazu? Entschlossen zu sein bedeutet, dass du in dem Moment, wo du die Schusswaffe in die Hand nimmst, bereit bist, deinen Gegner zu töten. Das wiederum erfordert auch einen perfekten Umgang mit der Waffe. Wer nur zur Abschreckung mit der Waffe herumfuchtelt, macht den Angreifer nur aggressiver und bezahlt die fehlende Entschlossenheit vielleicht sogar mit seinem Leben.

Die Wahrheit über deine Entschlossenheit

Jetzt fragst du dich vielleicht, wie entschlossen du wohl in deinem Leben bist? Die Antwort kannst du relativ schnell herausfinden: Schreibe dir ein paar Dinge auf, von denen du überzeugt bist, entschlossen zu sein, sie zu machen. Das können zum Beispiel Dinge sein wie „mit dem Rauchen aufhören“ oder „den Job kündigen“. Ich rede von Dingen, die du sofort umsetzen könntest. Markiere nochmals mit einer extra Farbe die Dinge, zu denen du wirklich zu 100 Prozent entschlossen bist. Egal wie viele Punkte du nun auf deinem Zettel stehen hast – hier die bittere Wahrheit: Dein Zettel ist leer! Zu nichts von dem, was dort steht, bist du wirklich entschlossen. Wärst du es, hättest du Dinge schon längst erledigt. Entschlossenheit brauchen wir in unserem Leben, um wirklich etwas zu machen und nicht nach den geringsten Zweifeln wieder damit aufzuhören.

Der blosse Versuch ist Zeitverschwendung

Spätestens bei der Macht der Gedanken sollte klar geworden sein, dass wir unsere Welt durch unsere Sprache und unsere Gedanken erschaffen. Daher ist es nur sinnvoll, das Wort „versuchen“ aus dem alltäglichen Sprachgebrauch zu verbannen. Ganz besonders bei den zahlreichen täglichen Selbstgesprächen, die man führt. Man kann nicht versuchen, erfolgreich zu sein. Man ist es oder man ist es nicht. Alles, was wir tun müssen, um aus einem Versuch eine Tat zu machen, ist das Treffen einer Entscheidung. Wer nur halbherzig etwas möchte, ist gut beraten, es ganz sein zu lassen. Aber dann so tun, als würde man es versuchen, ohne die entschiedene Entschlossenheit, ist Zeitverschwendung. Wer wirklich etwas will, der muss eine Entscheidung treffen. Damit startet der ganze Weg.

Entscheidungen: Wenn wir sie nicht treffen, treffen sie uns.

Unser Leben ergibt sich zu einem grossen Teil aus unseren getroffenen Entscheidungen. Dabei gibt es grosse und kleine, einfache und schwierige Entscheidungen, die wir treffen müssen. Besonders bei den schwierigen Entscheidungen fehlt oft der Wille, sie zu treffen, weil man oft nicht weiss, wie man sich entscheiden soll. Das ist nur allzu verständlich, sind es doch meist Entscheidungen, die weitreichende Konsequenzen haben und das Potenzial haben, das eigene Leben entscheidend zu verändern. Heiratet man oder bleibt man Single? Möchte man Kinder in die Welt setzen oder nicht? Legt man sich Eigentum zu oder wohnt man lieber zur Miete? Macht man sich selbstständig oder bleibt man in einer Festanstellung?

Egal wofür man sich entscheidet, das Leben entwickelt sich in eine ganz andere Richtung. Natürlich kann das Leben durch Entscheidungen nicht durchgeplant werden, denn die Lebensumstände verändern sich auch durch äussere Umstände. Der Tod eines Partners, gesundheitliche Beeinträchtigungen oder unverschuldete finanzielle Belastungen zwingen einen immer wieder dazu, Entscheidungen zu treffen, die nötig sind, um die Lebensweise an die Umstände anzupassen.

Oftmals wird man vom Leben gezwungen, eben diese Entscheidungen zu treffen, ob man nun will oder nicht. Wir können Entscheidungen aufschieben, hinauszögern oder einfach nicht treffen. Aber auch das ist eine Entscheidung, nämlich alles so zu lassen, wie es ist. Doch warum tun wir uns so schwer, wichtige Entscheidungen zu treffen? Sobald wir Alternativen haben und eine Alternative weit mehr Vorteile mit sich bringt, fällt es uns leichter, eine Entscheidung zu treffen. Schwerfallen tut es uns dann, wenn es keine eindeutige Alternative gibt. Jede mögliche Entscheidung bringt Vorteile mit sich. Jede dieser Alternativen hat ihren Charme. Es gibt keine beste Wahl. Das macht uns unsicher, wir bekommen Angst vor negativen Konsequenzen und beschäftigen uns mit der Frage: „Was, wenn meine Entscheidung falsch ist?“

Niemand kann uns garantieren, dass unsere Entscheidungen richtig sind. So sehr wir diese Garantie auch wollen, es gibt sie nicht. Dennoch sollten wir uns von der Illusion befreien, dass es nur eine richtige Entscheidung gibt. Niemand von uns kann wissen, wie sich eine Entscheidung in Zukunft auf unser Leben auswirkt.

Angenommen, du wechselst den Job, weil du ein äusserst lukratives Angebot erhalten hast. Nach ein paar Monaten gibt es innerhalb deines neuen Arbeitgebers Umstrukturierungsmassnahmen, die nicht absehbar waren, und deine Stelle wird abgebaut. Du verlierst nach der Probezeit deinen Job. Die Entscheidung für den Jobwechsel war deshalb nicht falsch.

Markus Czerner | www.markusczerner.de

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